Israelisches Tanzhaus e.V.
Postanschrift: Kürnbergstr. 30 a, 81369 München, Tel. 089-7241445


...über die Organisation


Tanzreisen nach Israel

Stationen und Ergebnisse der Organisation

von Matti Goldschmidt, München

Schon seit Jahren gibt es Tanzreisen in so klassische Länder wie Bulgarien, die Türkei und vor allem nach Griechenland. Bislang gab es jedoch keine Tanzreisen nach Israel, obwohl gerade dieses Land eine sehr ausgeprägte folkloristische Tanzkultur auf hohem Niveau pflegt, die seit Langem im mitteleuropäischen Raum ihre Anhänger hat und immer wieder neue findet.

Sicherlich, Reisen mit Schwerpunkt Bibel oder Kulturhistorie gab und gibt es jede Menge, aber als gewöhnlicher Tourist war es selbst dem intensiv Suchenden kaum möglich, in die zwar generell offene, aber eben doch nur den einheimischen Tänzern bekannte Szene zu gelangen. So konnte jeder durchschnittliche Tourguide zwar Bibelzitate zum Besten geben, sie diesem oder jenem Ort zuordnen, bei Auskünften zu Volkstänzen musste er jedoch in der Regel passen.

Die Lücke war also erkannt, nun kam es nur noch darauf an, sie bestmöglichst zu füllen. Das Israelische Tanzhaus e.V. in München, gegründet 1992, konnte die bürokratische Infrastruktur zur Verfügung stellen. Wie aber sollte die Reise gestaltet werden? Etwa wie Tanzreisen auf eine griechische Insel: Zwei Wochen Badeurlaub mit einigen Stunden täglichem Tanzunterricht sowie einem Tag Inselbesichtigung?

Wir waren der Meinung, dass den Teilnehmern - zumindest was Israel anhand der kulturellen Fülle des Landes betrifft - mehr als nur Tanz angeboten werden müsste. Sollte allerdings jemand an eine konventionelle Israeltour mit den üblichen Besichtigungen gedacht haben, dann bräuchte er ja nicht das Tanzhaus; denn eine solche Tour wäre auch über einen konventionellen Veranstalter zu buchen gewesen. Es waren also Besichtigungsorte auszusuchen, die für den gemeinen Touristen normalerweise nicht oder nur schwer zugänglich sind.

Auf der anderen Seite waren für die Wanderungen Routen zu wählen, an denen der Pauschaltourismus vorbeiginge bzw. die auf eigene Faust nicht genommen werden könnten (kein öffentlicher Transport zum Anfangs- bzw. Zielpunkt, Unkenntnis des Gebietes, des Klimas usw.). Schließlich durfte trotz allem auf Jerusalem und auf ein Bad im Toten Meer nicht verzichtet werden. Und zu guter Letzt durfte man den Ansatzpunkt "tanzen" nicht vergessen werden: Die Reisenden sollten auch erleben, wie die Israelis selbst tanzen!

Das alles musste nun nicht nur unter einen Hut gebracht werden, dem Teilnehmer sollte auch noch so viel Freizeit wie möglich bleiben, er sollte überdies Eigeninitiative entfalten können. So stellte sich die Programmerstellung einer ersten Tanzreise nach Israel, bei der möglichst viele auf ihre Rechnung kommen sollten, doch als ein mittleres Unternehmen dar. Da Israel ein relativ teures Touristenland ist, musste eine größere Gruppe als nur 15 oder 20 Teilnehmer geplant werden. Denn nur so war durch Gruppenarrangements ausreichend Rabatt zu erhalten. Neben dem Tanzen sollte in der ersten Woche Betonung auf ein Bade- und Erholungsprogramm gelegt werden - es war wichtig, die Reiseteilnehmer, die zumeist ein erstes Israel besuchten, langsam an das Land, d.h. die Mentalität der Einheimischen, die neue Sprache, das z.T. heiße Wetter usw. heranzuführen, kurz: Sie sich akklimatisieren zu lassen.

Außerdem sollten sich die Gruppenteilnehmer untereinander möglichst schnell kennenlernen. Insbesondere letzterer Punkt wirkte sich, wie die Praxis zeigte, für die zweite Woche mehr als positiv aus. Immerhin waren in der zweiten Hälfte der Reise im letztlich doch engen - und überraschend teuren - Autobus eine siebentägige Landesrundfahrt zurückzulegen; denn Natur und Wandern sollten weitere Schwerpunkte der Reise werden.

Die Terminplanung erschwerte zusätzlich die Entscheidungsprozesse. Immer wieder waren entweder die Schulferientermine der einzelnen Bundesländer bzw. allfällige jüdische Feiertage (wie etwa das Pessakhfest) zu berücksichtigen. Hier konnte keine für alle zufriedenstellende Regelung gefunden werden, da die Schulferien von Bundesland zu Bundesland uneinheitlich und obendrein zum Teil beweglich sind. Zu allem Überfluss entpuppten sich ins Auge gefasste Termine plötzlich in Israel als sehr teure "Hauptsaison", ein Faktum, das dem Verfasser dieser Zeilen und Organisator der Reisen trotz eines elfjährigen Aufenthaltes in Israel bislang verborgen blieb. Schließlich musste ein Reiseveranstalter gefunden werden, der willens war, die spezifischen Wünsche des Tanzhauses auszuführen (z.B. musste im Kibbuz eine Art Tanzsaal zu den von uns gewünschten Zeiten garantiert sein) und - ein ganz wichtiger Aspekt - dessen (versteckte) Provision im Rahmen blieb.

Danach hieß er nurmehr, die Verbindung zwischen Angebot und Suchenden herzustellen. Auch das gelang irgendwie durch intensive Werbung, sei es auf Tanzseminaren oder durch Anzeigen in der einschlägigen Presse.

Die Teilnehmerzahl unserer ersten Reise (29. Mai - 12. Juni 1993) mit 43 Teilnehmer (plus dem Reiseleiter) war etwas groß, so dass die zweite Gruppe auf 37 beschränkt wurde. Die Größe der Gruppe ist u.a. im Autobus (Ein-/Aussteigen, Wanderungen) ein nicht zu unterschätzender Faktor. Alleine Das sich Sammeln bzw. das notwendige Nachzählen entpuppten sich als nicht vorgesehene zeitraubende Faktoren...

Die Nachfrage an einer solchen Reise war entgegen allen anfänglichen pessimistischen Gedanken und Befürchtungen groß, die Teilnehmerhöchstgrenze immer schon einige Monate vor Abfahrt erreicht. Durchaus bemerkenswert erschien uns die Zusammensetzung der ersten beiden Gruppen: Von den insgesamt 80 Teilnehmern kamen vierzehn aus der sog. "neuen" Bundesländern, neun aus Österreich, zwei aus Belgien und einer aus Ungarn. Unter den Jahrgängen war "alles" vertreten, von Jahrgang 1930 bis 1977 (d.h. bis zum Zeitpunkt der Reise waren die Teilnehmer zwischen 16- und 63-jährig). Das Durchschnittsalter bewegte sich um ca. 38 Jahre.

Es muß kaum betont werden, dass gerade die Älteren unter den Teilnehmern überdurchschnittlich fit waren, was sich vor allem in der Ausdauer bei den Wanderungen bemerkbar machte. Im übrigen war, wie zu erwarten, der weibliche Anteil an beiden Reisen wesentlich höher als der männliche, etwa im Verhältnis 3:1. Die tänzerische "Ausbeute" war hoch. Auf der zweiten Reise etwa (2.-16. April 1994) wurden insgesamt 19 Tänze erlernt (darunter vier Paartänze), im Niveau leicht bis mittelschwer. Darüberhinaus konnten wir vier öffentliche von Israelis frequentierte Tanzabende besuchen (Eilath, Tel Aviv sowie 2 x Jerusalem).

Wanderhöhepunkte waren etwa die 14,5-km-Stranstrecke von Nahsholim nach Caesarea (mit Sonderbus zurück in den Kibbuz), E'in Avdath mit dem kältesten Bade- bzw. Quellwasser, das ich bislang in Israel kennenlernte (bei Sdeh Boqer, dem Kibbuz Ben Gurions), oder die 2½-stündige Kamelsafari bei Shaheruth in den Uvdathhöhen, ca. 50 km nördlich von Eilath. Als weitere Höhepunkte können die Ausgrabungsstätten von Be'ith She'an, die nahegelegenen Süßwasserquellen von Sakhneh (bzw. Gan ha-Shloshah, bei E'in Harod, dem Kibbuz Rivka Sturmans) mit vier natürlichen Wasserbecken und einer permanenten Wassertemperatur von 27º C (auch im Winter), das Baden im Toten Meer, die Korallenriffs am Roten Meer samt dem erstaunlichen, wenn auch teuren Unterwassermuseum, und natürlich immer wieder Jerusalem...

Sind als Organisator, Tanzpädagoge und Reiseleiter (alles in einer Person) die zwei Wochen mit der Gruppe immer wieder äußerst anstrengend (und das Wort äußerst darf hier betont werden), so kann man nach mehrmaliger Reflektion doch behaupten, den Mitfahrenden nicht nur israelische Tänze (der eigentliche Ausgangspunkt dieser Reisen), sondern auch einige wichtige Aspekte des Landes selbst mitgegeben zu haben.

veröffentlicht in:
tanzen 13 (1995), Nr. 2, 9-10





Stand: 27. Mai 2003